Peter Amann – Reiseleiter in Süditalien, auf Sizilien und den Äolischen Inseln
Peter Amann – Reiseleiter in Süditalien, auf Sizilien und den Äolischen Inseln
Peter Amann

• Warum bist Du Reiseleiter geworden? Dazu kam ich „wie die Jungfrau zum Kinde“. Diesen Spruch bekommt Ihr vermutlich oft zu hören. Anfang der 1990er Jahre bildete ich Reiseverkehrskaufleute in den neuen Bundesländern aus. Mein Geographiestudium hatte ich vor kurzen abgeschlossen und pendelte damals zwischen München und Rom. Meine in Siebenbürgen (Rumänien) verbrachte Kindheit jenseits des Eisernen Vorhangs und der Enthusiasmus der Italiener angesichts des Mauerfalls hatten in mir die Neugierde auf den Osten Deutschlands geweckt. Außerdem wollte ich in dieser epochalen Zeit nicht nur Zaungast sein, sondern Anteil nehmen. Trotzdem war abzusehen, dass es sich nur um eine vorübergehende Tätigkeit handeln würde. Den entscheidenden Ausschlag gab ein Freund, der damals noch in Oxford studierte und in den Semesterferien als Reiseleiter unterwegs war. Auf meine Frage, was für ein Job das sei, antwortete Gerald, einer, bei dem er laut nachdenken könne – für mich heute noch die beste Motivation. Im Frühjahr 1993 fing ich bei Studiosus an und habe es nie bereut.
• Wie hast Du die Reiseleiter-Ausbildung bei Studiosus empfunden? Sie ist niemals abgeschlossen, es ist ein lebendiger Prozess. Mein Auswahl-Seminar liegt inzwischen lange zurück. Es waren intensive und aufregende Tage, aber ich habe es geschafft. Viel habe ich in meinem ersten Jahr auf Einweisungsreisen gelernt, d.h. Gruppenreisen, bei denen nicht ich der Reiseleiter war, sondern der „Lehrling“ mit einem exklusiven Blick hinter die Kulissen. Seither war ich oft selbst in der Rolle des „Lehrers“ unterwegs, ein interessanter Perspektivenwechsel. Eine Fülle guter Inputs bieten uns Weiterbildungsseminare zu allen erdenklichen Themen im In- und Ausland. Sie sind nicht zuletzt eine ideale Austauschplattform unter weitgereisten Kolleginnen und Kollegen.
• Woher kommt die Liebe zu Deiner Destination? Als ich mich bei Studiosus bewarb, dachte ich, die Toskana und Latium hinlänglich gut zu kennen, um dort Reisen zu leiten, konnte aber kein Studium der Kunstgeschichte oder Archäologie vorweisen – das habe ich später mit Begeisterung nachgeholt. Vor kurzem hatte Studiosus allerdings das Konzept der WanderStudienreise entwickelt und suchte Reiseleiter, die nicht nur über den Faltenwurf griechischer Skulpturen oder das barocke Gesamtkunstwerk referieren konnten, sondern Ahnung von Natur und Landschaft hatten. Ich wurde nach Sizilien und Süditalien geschickt, Liebe auf den ersten Blick. Die vorzügliche Küche hatte ich bereits in Rom, als Freund einer sizilianisch-kalabrischen Familie kennen gelernt.
• Was machst Du, wenn Du nicht gerade für Studiosus unterwegs bist? Für Studiosus habe ich auch Reisen entworfen, später in Kooperation mit einer Akademie, einer Imkerschule oder zusammen mit einem befreundeten Radio-Journalisten. Es handelt(e) sich um Themenreisen, die auf dem freien Markt wahrscheinlich unverkäuflich wären. Wir haben die Via Appia erkundet, lange bevor sie zum UNESCO-Welterbe erklärt wurde, folgten den Spuren Odysseus, Hannibals, Garibaldis oder Tomasi di Lampedusas Gattopardo, ließen die Grand Tour im Geiste des 21. Jahrhunderts wiederaufleben, tanzten Tarantella oder setzten Segel auf der letzten hochgetakelten Brigantine mit Kurs auf die Äolischen Inseln. Weitere Facetten Süditaliens habe ich mir durch die Recherche von über 20 Reisehandbüchern erschlossen. Zusammen mit meiner Lebensgefährtin gestalte ich einen Landschaftsgarten in den Hügeln bei Paestum. Die Fachpresse hat begeistert Notiz von unserem Giardino di Hera genommen. Eine Kultimer-Reise führt auch in unser Gartenparadies. Seit Jahren schon verbringe ich die Hälfte meiner Zeit in Süditalien, sei es als Reiseleiter, auf Recherche oder als Gärtner auf der eigenen Scholle. Die Wintermonate sind der Schreibtischarbeit in München gewidmet. Dabei bin ich häuslicher als mein unsteter Lebenswandel es verrät.
• Was ist Dein Geheimtipp, was muss unbedingt in den Koffer? Geheimtipps kann ich keine geben, das wiederspräche auch ein bisschen meiner Rolle als Reiseleiter oder Reisebuchautor. In Zeiten, in denen viele Orte an Overtourism leiden, suche ich wenn möglich weniger ausgetretenen Pfade. Ein schlechtes Gewissen entwickele ich dabei nicht, denn nachhaltiger Tourismus kann auch in Südeuropa seinen Beitrag zur wirtschaftlichen und kulturellen Bereicherung leisten. Neugierde ist für mich auf Reisen unabdingbar, dazu Respekt, Höflichkeit und ein gutes Paar Schuhe.
• Was macht Dir an deinem Rieseleiterjob am meisten Spaß? Lautes Nachdenken, nach wie vor! Studiosus spricht glücklicherweise Menschen an, mit denen ich meine Begeisterung, mein Interesse an Land und Leuten teilen kann. Viele fragen mich, ob es mich langweilt, immer wieder an dieselben Orte und zu denselben Menschen zurück zu kehren. Zum einen bereise ich auf sehr unterschiedlichen Reisen den gesamten Süden Italiens und Sizilien als größte Insel des Mittelmeeres mit seinen Archipelen. Da ist für Abwechslung gesorgt. Es ist aber auch so, dass ich jedes Mal Neues erlebe und neue Menschen kennen lerne. Orte und Menschen verändern sich, ich verändere mich und Gäste, die ich auf Reisen begleiten darf, bringen ihre eigenen Wahrnehmungen, ihre eigene Neugierde mit und davon profitiere ich.
• Welches Erlebnis auf Reisen ist das Außergewöhnlichste gewesen? In den vielen Jahren als Studiosus-Reiseleiter habe ich einiges an Ungewöhnlichem und Außergewöhnlichem erlebt, am liebsten sind mir jedoch die fast alltäglichen und oft unerwarteten Begegnungen, die ich gerne mit meinen Gästen teile. Es macht mich glücklich zu erleben, wenn die Reisegruppen auf unerwartete Schwierigkeiten heiter, mit Geduld und Verständnis reagieren und dabei Lust an Improvisation beweisen. So wird jede Reise zu einem einzigartigen, persönlichen Erlebnis. Ich freue mich bereits auf das nächste Abenteuer.